„Wir müssen mehr tun, um wieder in der Weltspitze mitzufahren!“

Interview mit dem Vorsitzenden der BuKo Freiballonsport Sven Göhler über das Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Heißluftballon-WM in Ungarn

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Lieber Sven, ihr seid bereits einige Tage vor dem Wettbewerb nach Ungarn gereist, um euch vor Ort vorzubereiten. Warum habt ihr das getan?

Sven Göhler: Wir sind unterschiedlich angereist, je nachdem, wie es unsere Zeit erlaubte. Ich war bereits Freitag (Anm. d. Red.: der Wettbewerb startete am Sonntag) vor Ort und habe abends eine erste Trainingsfahrt absolviert. Dabei ging es vornehmlich darum, die Abstimmung im Team zu üben und die Einrichtung des PCs zu prüfen. Das ist wichtig, um im Wettkampf mit anderen Mitgliedern der Nationalmannschaft zu kommunizieren, beispielsweise um ihnen meine Position, meine Geschwindigkeit und meine Ziele zu übermitteln.

 

Worauf kommt es bei so einer WM an? Was muss man besonders gut beherrschen, um ganz vorne mit dabei zu sein?

Sven Göhler: Der Trainingsstand ist entscheidend und Routine ist wichtig. Einige von uns fahren normalerweise einen größeren Ballon und mussten für die WM auf einen kleineren umsteigen. Das bedeutet viel Umstellungsarbeit im Kopf, denn ein kleiner Ballon reagiert ganz anders bzw. schneller als ein großer. Im Wettbewerb können die letzten fünf Prozent bei der Entscheidung über Sieg oder Niederlage jedoch ausschlaggebend sein! Also ist es unerlässlich, sich gut auf den Ballon einzustellen.

 

Bei der WM hat die deutsche Nationalmannschaft Plätze im Mittelfeld belegt, als beste Platzierung Rang 26 von 118. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?

Sven Göhler: Nein. Ich glaube, jeder von uns hat mehr erwartet. Da hätte mehr drin sein müssen!

 

Was könnt ihr tun, um das zu ändern?

Sven Göhler: Ich habe für mich das Resümee gezogen: Wir müssen mehr trainieren und diejenigen unter uns, die beispielsweise vor so einer WM auf andere Wettbewerbe fahren, um mehr Routine zu gewinnen, besser unterstützen – vor allem finanziell. Die Teilnahme an Wettbewerben ist ein Kostenfaktor, und noch mehr sind es hochwertige Ballonhüllen und die technische Ausstattung, die wir benötigen. Das ist richtig teuer! Viel Geld haben wir jedoch nicht zur Verfügung. Schon die Mittel, um die deutschen Teilnehmenden dieser WM zu unterstützen, sind im Vergleich zur letzten WM um 50 Prozent zurückgegangen.

 

Du erwähntest eben die für das erfolgreiche Abschneiden notwendige technische Ausstattung. Was genau meinst du damit?

Sven Göhler: Oben in der Luft sind wir sehr abhängig von unserem Rechner und der Software, die wir benutzen. Das ist entscheidend! Es ist wichtig, alle Möglichkeiten des Programms zu kennen und auszunutzen. Auch das muss geübt werden!

 

In Szeged wart ihr nicht allein, sondern wurdet begleitet von einem Filmteam des NDR. Wie war das für euch?

Sven Göhler: Das Filmteam war sehr höflich und rücksichtsvoll, und selbstverständlich haben wir uns über das mediale Interesse sehr gefreut! Gleichzeitig ist es bei einem Wettbewerb natürlich nicht leicht, einen Kameramann und einen Moderator mit im Korb zu haben, denn schließlich wollten wir möglichst gut abschneiden! Ich bin im Wettbewerb zu hundert Prozent auf das Ballonfahren fokussiert. Wenn ich mich zwischendurch darauf konzentrieren soll, die Fragen des Moderators zu beantworten, komme ich aus meinem geplanten Track. Dem musste ich aus dem Weg gehen. Bei den letzten Fahrten hatte ich allerdings GoPros an Bord, die ich ausrichten konnte. Bei der Zielanfahrt, wo ich schnell fallen und den Ballon knapp über dem Zielkreuz abfangen musste, um aus geringer Höhe präzise markern zu können, ging das natürlich nicht.

 

Ich habe verstanden, dass die zeitlichen und die finanziellen Aufwände für die Teilnehmer solcher Wettbewerbe – speziell der internationalen – sehr hoch sind. Warum machst du das eigentlich?

Sven Göhler (lacht): Das habe ich mich in diesem Jahr auch zum ersten Mal gefragt!

Ich war immer sehr erfolgreich und habe viele Preise gewonnen. In den letzten Jahren ging der Erfolg zurück, die Konkurrenz wurde stärker. Bei der Schweizer Meisterschaft 2024 habe ich darüber hinaus zu viele Fehler gemacht, über die ich mich anschließend geärgert habe. Danach musste ich mich erst einmal besinnen. Die WM verlief ebenfalls nicht so wie erhofft. Nichtsdestotrotz ist es ein tolles Gefühl, wenn man ein Ziel anfährt und die Taktik aufgeht. Ich habe Spaß am Wettbewerb, und es braucht natürlich auch ein Team, dass Spaß daran hat und motiviert ist. Außerdem trifft man bei solchen Gelegenheiten viele Freunde. Eigentlich ist es wie ein Aktivurlaub …Sven Göhler denkt nach ... obwohl es mit Urlaub wohl nicht viel zu tun hat, wenn man um vier Uhr aufsteht und erst um 23 Uhr wieder ins Bett kommt.

 

Was war dein schönster Moment in Szeged?

Sven Göhler: Das war die letzte Fahrt, die richtig gut gelang! Zum Abschluss der WM hatte ich nochmal ein richtig gutes Ergebnis, weil meine Taktik aufging. Ich habe den Ballon so steuern können, wie ich es haben wollte, und habe das Ziel genau erreicht. Das hat mich mächtig motiviert!