"Wenn man ganz vorne mit dabei sein möchte, braucht man gute Leute am Boden!"

Interview mit den Bronzemedaillen-Gewinnern des Gordon-Bennett-Ballonrennens Axel Hunnekuhl und Andreas Zumrode über die Herausforderungen des Rennens, Erfolgsfaktoren und welche Filme nachts im Korb für Unterhaltung sorgen.

Foto: Andreas Zumrode (li) und Axel Hunnekuhl (re)

 

Nochmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem großartigen Erfolg! Der Abstand zwischen den ersten drei Plätzen hätte knapper kaum sein können. Nicht einmal drei Kilometer betrug die Distanz zwischen Ihrem Ergebnis und dem der Gewinner Christian Wagner und Stefanie Liller nach einer Strecke von über 2100 Kilometern! Ab wann war Ihnen klar, dass Sie an vielen anderen Teams vorbeigezogen sind und die Bronzemedaille möglich war?

Axel Hunnekuhl: In der dritten Nacht zeichnete sich ab, dass wir eine hervorragende Ausgangssituation für den finalen Tag hatten, aufgrund dessen, dass wir das Team waren, welches es am weitesten nach Westen geschafft hatten. Es bestand die Hoffnung, dass wir es als einziges Team schaffen, die Landzunge bei Sagres zu erreichen.

Die Hoffnung wich Ernüchterung, als wir erfuhren, dass sowohl die Schweizer als auch die Österreicher das ebenfalls geschafft hatten. Allerdings mussten beide in einer Höhe von über 5.000 Metern fahren, um in Richtung Südwesten zu gelangen. Alle anderen Teams waren zu weit östlich, um noch Richtung Sagres, den südwestlichsten Zipfel Portugals, zu kommen und somit die weiteste Strecke vom Startort Münster aus zurücklegen zu können. Damit war im Tagesverlauf sicher, dass wir unter den letzten drei Teams in der Luft sein würden und ein Treppchen innehatten - sofern es gelänge, auf Land zu landen.

 

Haben Sie bereits vor dem Rennen damit gerechnet, eine Medaille holen zu können?

Andreas Zumrode: Wir wissen inzwischen, dass wir mit den Top-Teams mithalten können, trotz unseres Nachteils beim Körpergewicht gegenüber anderen Teilnehmern, bei denen beide Piloten*innen bis zu in Summe 60 Kilogramm leichter sind als wir. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Teams bis zu sechs Sandsäcke mehr mitnehmen können, was ein echter Vorteil bei langen Fahrten ist.

In den bisherigen fünf Rennen, an denen wir teilgenommen haben, erreichten wir die Plätze 14, 5, 6, 3 und jetzt erneut den dritten Platz. Daher haben wir im Vorfeld gesagt, dass wir unter den ersten fünf landen können, aber erneut die Sieger der letzten Jahre auf dem Treppchen sehen. Zumal es in diesem Jahr eigentlich nur die eine sinnvolle Taktik und Fahrtrichtung gab und man keine Chance hatte, eine völlig andere Richtung einzuschlagen, um sich dadurch erfolgreich von den Konkurrenten abzusetzen. Umso glücklicher sind wir, dass wir es wieder aufs Treppchen geschafft haben!

 

Was war für Sie die größte Herausforderung bei diesem Rennen?

Axel Hunnekuhl: Herausforderungen gab es in diesem Rennen viele. Dazu gehören Lufträume rund um den Flughafen Köln-Bonn, Bordeaux, Bilbao, Valladolid, Salamanca, die Einfahrt nach Portugal aufgrund der militärischen Übung "Viper Sword", militärische Sperrgebiete südlich von Lissabon über dem Atlantik, um nur einige Schwierigkeiten aufzuzählen.

Andreas und ich schauen nachts – wenn der Ballon stabil fährt – gerne einen Film auf dem Tablet. Daher haben wir in der zweiten Nacht mit "Fast & Furious 10" begonnen. Nach ca. 30 Minuten haben wir den Film wieder ausgestellt, da zu viel zu tun war und wir den Streifen nicht genießen konnten. In der dritten Nacht haben wir wieder nur 30 Minuten geschafft aufgrund des militärischen Sperrgebietes auf portugiesischer Seite. Das war der Grund, warum die Spanier landen mussten. Uns drohte das gleiche, wenn wir zu früh über die Grenze und in das Areal eingefahren wären.

Die 69 Stunden im Ballon vergingen einfach unfassbar schnell. Den Film haben wir dann später im Hotel zu Ende geschaut. Hieran kann man erkennen, dass das Rennen einiges von den Piloten*innen abverlangte. Gott sei Dank war dieses Jahr das Wetter die ganze Fahrt über sehr stabil und unproblematisch.

 

Auf was kommt es an, wenn man ganz vorne mit dabei sein will?

Andreas Zumrode: Ein großer Dank gilt unserem Command Center (CC), das wir vor drei Jahren gemeinsam mit allen deutschen Teams ins Leben gerufen haben. Dieses Jahr hatte sich zusätzlich das österreichische Team dem Command Center angeschlossen. Die Erfolge unseres CC sprechen für sich. Beim 65. Gordon-Bennett-Rennen Platz 1 und 3 für die deutschen Teams, beim 66. Gordon-Bennett-Rennen Platz 2 und bei diesem Rennen wieder Platz 1 und 3. Das heißt, wenn man ganz vorne mit dabei sein möchte, braucht man gute Leute am Boden! An dieser Stelle nochmals ein großes Dankeschön an alle, die dort Tag und Nacht für uns gearbeitet haben!

Außerdem braucht es ebenso gutes wie leichtes Equipment. Dank unseres Vereinskollegen Alfons konnten wir in den vergangenen Jahren einiges an Gewicht am Ballon selber einsparen und sozusagen in zusätzlichen Sandballast umwandeln. Er hat extra für das Gordon-Bennett-Rennen und die Qualifikationsfahrten einen leichten Rennkorb gebaut und in diesem Jahr einen neuen Korbring, der wieder ein paar Kilo spart. Dann haben wir noch selbst ein wenig an unserem Körpergewicht gearbeitet, und so sind auch wir beide in der Lage, die vorderen Ränge zu belegen.

 

Wieviel haben Sie mit der Fahrt über den Atlantik riskiert? Kamen zwischendurch Zweifel, ob das die richtige Entscheidung und das Risiko kalkulierbar war?

Axel Hunnekuhl: Es war kein Risiko dabei. Aufgrund des herannahenden Tiefdruckgebiets von Osten war klar, dass - sobald wir tiefer fahren - es sofort Richtung Küste und Festland zurückgeht. Ebenso war klar, dass wir über dem Atlantik immer weiter hochsteigen mussten, um die Drift Richtung Süden beizubehalten. Uns war von Anfang an bewusst, dass wir nur so die Chance hatten, in den südwestlichsten Zipfel Portugals zu gelangen und dies absolut kalkulierbar war.

 

Wie schwierig ist es, nach einer so langen Fahrt in einem so engen Korb am Ende immer noch befreundet zu sein?

Axel Hunnekuhl: Gar nicht. Uns verbindet die Leidenschaft zur Ballonfahrt - vor allem zum Gasballon! Natürlich wird mal über unterschiedliche Taktiken diskutiert. Aber es werden immer alle Meinungen, mittlerweile vor allem die von unserem Command Center, in unsere Entscheidungen einbezogen und wir harmonieren sehr gut. So verbringen wir, wenn möglich, einige erholsamen Tage nach der Fahrt gemeinsam im Hotel und reisen natürlich gemeinsam zurück. Und wenn Zeit ist, wird auch noch was unternommen, um die Gegend, wo wir gelandet sind, besser kennenzulernen. Für Andreas war es der erste Besuch in Portugal. Wir waren einige Stunden vor dem Rückflug auf einer Bootstour mit Delfinen und Grottenbesichtigung an der Algarve unterwegs.

Andreas Zumrode: Im Hotel nehmen wir dann aber doch beide ein Einzelzimmer, um nicht das Schnarchen des anderen ertragen zu müssen. 😊

 

Was hat es für Sie bedeutet, dass die Gasballon-Weltmeisterschaft dieses Jahr in Münster gestartet ist?

Axel Hunnekuhl: Es war ein unglaubliches Erlebnis für uns, vor heimischem Publikum starten zu dürfen! Man hat sich auf dem Startpodest ein wenig wie Chris Martin von Coldplay gefühlt. Tausende Zuschauer hatten ihre Handylampe an und jubelten uns beim Start zu. Gefühlt war der Jubel bei uns – als Lokalmatadore -  etwas größer als bei den anderen 😊

Ein großes Dankeschön gilt auf jeden Fall allen Helfern der Veranstaltung in Münster. Dieses Gordon-Bennett-Rennen vor der eigenen Haustür hat der Faszination Gasballonsport nochmals einen unglaublichen Auftrieb und Anerkennung gegeben. Nicht nur medial, sondern auch in unserem privaten Umfeld. Seit unserem ersten Start bei einem Gordon-Bennett-Rennen im Jahr 2018 buhlen wir um Anerkennung für diesen schönen und harten Sport. Und die Begeisterung nahm von Jahr zu Jahr zu. In diesem Jahr war es ein unglaublicher Sprung nach vorne. Und dies freut uns fast noch mehr als der dritte Platz.

Danke an alle, die mitgefiebert und uns angefeuert haben!